Ode an die Freude – SG 311
Slow German - En podcast av Annik Rubens - Tisdagar
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Freude, schöner Götterfunken. Sagen dir diese Wörter etwas? Vielleicht nicht. Aber die Melodie, die damit verbunden wird, kennst du mit Sicherheit. Es ist das Lied, das wir heute als Europahymne kennen. Heute erzähle ich dir mehr über dieses wichtige Stück klassischer Musik. Der Text stammt von Friedrich Schiller. Er schrieb das Gedicht "An die Freude" im Jahr 1785. Später überarbeitete er es noch einmal. Schiller war damals schon ein berühmter Dichter. Er liebte große Themen wie Freiheit, Freundschaft und Menschlichkeit. In der Ode „An die Freude“ wollte er zeigen, dass alle Menschen Brüder und Schwestern sind und zusammenhalten sollten. Viele Jahre später entdeckte ein anderer sehr berühmter Mann dieses Gedicht für sich: der Komponist Ludwig van Beethoven. Er war fasziniert von Schillers Worten. Beethoven war selbst ein Mensch, der stark an die Kraft der Freiheit glaubte. Außerdem bewunderte er Schiller, weil dieser Mut zeigte und über wichtige gesellschaftliche Fragen schrieb. Beethoven wollte schon lange ein großes Musikstück schaffen, das die Idee von Gemeinschaft und Humanität ausdrückt. Als er die Ode „An die Freude“ las, wusste er, dass er diese Worte eines Tages vertonen würde. Beethoven arbeitete viele Jahre an seiner Neunten Sinfonie. Als sie im Jahr 1824 in Wien uraufgeführt wurde, war Beethoven schon völlig taub. Er stand trotzdem am Dirigentenpult, obwohl er die Musik nicht mehr hören konnte. Am Ende des Konzerts sah er, dass die Menschen ihm begeistert applaudierten. Viele standen sogar auf. Die 9. Sinfonie war also von Anfang an ein großer Erfolg. Der berühmte Chor mit dem Text der „Ode an die Freude“ erklingt im letzten Satz der Neunten Sinfonie. Für damalige Zeit war das etwas Besonderes. Eine Sinfonie mit einem Chor war ungewohnt. Heute gilt die Neunte Sinfonie als Meisterwerk. Der Chor mit der „Ode an die Freude“ ist der bekannteste Teil. Interessant fand ich zu lesen, dass Schiller selbst sein Gedicht später gar nicht mehr so mochte. Er hatte das Gefühl, es sei zu übertrieben und zu pathetisch. Er hätte wahrscheinlich nie gedacht, dass seine Worte einmal von Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesungen würden. Auch Beethoven wusste natürlich nicht, wie populär seine Musik einmal werden würde. Niemand konnte ahnen, dass seine Melodie Jahrhunderte später bei Sportereignissen, Konzerten und sogar auf Klingeltönen von Handys landen würde. Ich überlege oft, wie die längst verstorbenen Künstler es wohl empfinden würden, wenn sie ihren heutigen Erfolg sehen könnten. Gerade erst war ich in einem ausverkauften Rachmaninow-Konzert. Und das war ja ein Mann, der sehr an sich gezweifelt hat. Aber zurück zu Schiller und Beethoven. Denn die Geschichte dieses Stückes geht ja noch viel weiter. Ein besonders wichtiger Moment in der Geschichte der „Ode an die Freude“ war nämlich das Jahr 1972. In diesem Jahr wurde die Melodie zur offiziellen Hymne des Europarats gewählt. Später, 1985, wurde sie auch die Hymne der Europäischen Gemeinschaft, aus der später die Europäische Union wurde. Das Besondere daran: Für diese Hymne wird nur die Musik verwendet. Es wird nicht gesungen. Man wollte damit zeigen, dass Europa viele Sprachen und Kulturen hat. Die Melodie steht für gemeinsame Werte, ohne eine Sprache zu bevorzugen. Ich muss dir noch etwas erzählen, was ich selber gar nicht wusste. Ich habe es erst erfahren, als ich für diese Episode recherchiert habe: Die Melodie wurde in Japan zu einem Winterhit! Dort singen große Chöre jedes Jahr zum Jahresende Beethovens Neunte. Manche dieser Chöre bestehen aus mehreren Tausend Sängerinnen und Sängern. In Japan ist die Neunte so beliebt, dass einige Menschen sie sogar „Daiku“ nennen. Das bedeutet „Nummer Neun“. Wie genau diese Tradition entstanden ist, ist nicht ganz klar. Ich habe auf der Seite der BBC gelesen, dass diese Tradition im Ersten Weltkrieg entstanden sein soll. Damals gab es ein Kriegsgefangenenlager in Japan und dort waren deutsche Soldaten interniert. Und diese Soldaten spielten oft Musik, eben auch Beethovens Neunte. Nach dem Kriegsende gaben sie ein Konzert außerhalb des Gefängnisses. Das Stück wurde über die Jahre beliebter in Japan und 1940 wurde es bei einer Neujahrsaufführung gespielt. Auf der Seite slowgerman.com habe ich den Link zu einem Video für dich von 10.000 Sängerinnen und Sängern in Japan! Mich hat es daran erinnert, dass ich als Kind mit meinen Eltern und Verwandten im Hollywood Bowl war. Dort gab es auch ein Konzert der "Ode an die Freude", und meine Mutter und ich haben uns damals eher amüsiert. Denn die amerikanischen Sängerinnen und Sänger hatten nicht so ordentlich an ihrer Aussprache gearbeitet wie die aus Japan und es klang für uns einfach lustig, wie sie die deutschen Wörter aussprachen. Dennoch finde ich es natürlich faszinierend, dass Menschen auf der ganzen Welt diese Melodie lieben und sogar den deutschen Text singen können! Noch ein paar Worte zum Text: Sei nicht frustriert, wenn du ihn nicht verstehst. Es ist Lyrik. Und es ist alt. Es ist auch für mich nicht alles gut zu verstehen. Die Freude ist zum Beispiel eine "Tochter aus Elysium", also aus dem Paradies der Götter. Dann schreibt Schiller: "Alle Menschen werden Brüder". Dieser Gedanke war zur Entstehungszeit ziemlich radikal. Die Gesellschaft war streng in Klassen eingeteilt. Manche Menschen hatten viele Rechte, andere sehr wenige. Schiller stellte diese Ordnung mit seinem Gedicht offen in Frage. Für einen Dichter im 18. Jahrhundert war das mutig. Dass dieser Satz heute zu den berühmtesten Zeilen deutscher Dichtung gehört, zeigt, wie stark seine Wirkung ist. Und er ist leider nach wie vor aktuell, denn wir sind lange noch nicht an dem Punkt, an dem alle Menschen gleich sind. Das alles wollte ich dir erzählen, in dieser Zeit der Krisen und Kriege. Wir müssen versuchen, Hoffnung zu haben. Anderen Menschen zu vertrauen. Wir sind alle Menschen auf der gleichen Erde. Es wird Zeit, dass wir gemeinsam leben und nicht gegeneinander kämpfen. Schön pathetisch, oder? Muss auch mal sein. Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg311kurz.pdf
